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Institutskolloquium: Prof. Dr. Michael Schönhuth "Rausgehen und Forschen? Ethnologie in Zeiten von Ethik-Governance"

Wann 11.02.2020
von 18:00 bis 20:00
Wo Werthmannstraße 10, 1.OG
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Rausgehen und Forschen? Das geht schon lange nicht mehr so einfach.  Auch in den Sozial- und Kulturwissenschaften wird die Rechenschaftslegung gegenüber Dritten entlang verbindlicher ethischer Standards bei empirischen Forschungen zur Regel. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Forschende, die internationale Fördermittel einwerben oder in internationalen Zeitschriften publizieren möchten, aufgefordert sind, eine ethische Unbedenklichkeitsbescheinigung bezüglich ihrer empirischen Forschung vorzulegen. Aber auch auf der Ebene der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind die Einzelwissenschaften derzeit aufgefordert, sich gegenüber den Anforderungen der neuen EU-Datenschutzrichtlinie, die neben Fragen des Informantenschutzes (free, prior and informed consent; do-no-harm) auch Fragen der Speicherung, Weiternutzung und zur Verfügungsstellung von Forschungsdaten  an Dritte berührt, zu positionieren. Die Ethnologie betrifft das aufgrund der Art ihres Feldzugangs (teilnehmende Beobachtung) und ihrer "Daten"generierung (prozess- und koproduziertes, in hohem Maße in informellen Settings erhobenes Feldmaterial) in besonderer Weise. War in vergangenen Jahrzehnten die wichtigste Frage: "how to do anthropology ethically" (dies führte zu zahlreichen ethnologischen Ethikkodizes, in Deutschland zur Frankfurter Erklärung 2009), so stehen wir heute vor der vielleicht noch schwierigeren Frage "how to do ethics anthropologically" (Lederman 2012); also wie wir Ethikkommittees (von lokalen Ethikkommissionen, über EU-Forschungsanträge, bis zu nationalen Reviewboards in den Ländern, in denen wir forschen), die häufig nicht mit ethnologischer Expertise ausgestattet sind, die Spezifika ethnologischer Feldforschung erläutern und auf besondere Prozeduren bzw. Ausnahmen gegenüber Standardverfahren eines "Ethical Clearing" pochen können.

Der Vortrag berichtet vom derzeitigen Diskussionsstand in Deutschland und blickt in die Praxis auf internationaler Ebene. In der Diskussion wird es darum gehen, welchen Weg wir - angesichts erster Entwürfe für Ethikrichtlinien auf der Ebene der DGSKA – als Fachgemeinschaft in den nächsten Jahren einschlagen sollen.